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Zurück zur ÜbersichtDeutlich höhere Preisen im Ladengeschäft als im Online-Handel - Keine Sittenwidrigkeit
Wenn die Preise in einem Ladengeschäft deutlich höher sind als vergleichbare Angebote im Online-Handel, begründet dies nicht zwingend eine Sittenwidrigkeit. Der Internethandel stellt einen Sondermarkt dar, der mit dem allgemeinen regionalen Markt nicht vergleichbar ist. So entschied das Amtsgericht Erfurt (Az. 5 C 522/21).
Eine Frau begab sich zwecks Kaufs einer Perücke in ein entsprechendes Ladengeschäft. Im Rahmen einer anderthalbstündigen Beratung wurden ihr mehrere verschiedene Katalogmodelle vorgestellt. Die Kundin entschied sich für ein paar und bestellte diese ohne Kaufverpflichtung zur Ansicht. Anfang Januar 2021 kam es im Rahmen eines über fünfstündigen Termins zur Anprobe. Schließlich kaufte die Kundin eine Perücke zum Preis von über 4.000 Euro. Nachfolgend stellte die Kundin fest, dass das Perücken-Modell im Internet zu Preisen zwischen 1.200 und 2.000 Euro angeboten wurde. Sie warf der Verkäuferin daher Wucher vor, hielt den Kaufvertrag für sittenwidrig und klagte auf Rückzahlung des Kaufpreises.
Das Gericht wies die Klage ab. Die Klägerin habe keinen Anspruch auf Rückzahlung des Kaufpreises, denn der Kaufvertrag sei nicht gemäß § 138 BGB sittenwidrig. Ein auffälliges bzw. grobes Missverhältnis zwischen dem Wert der Leistung und der Gegenleistung sei nicht gegeben. Es müsse deutlich zwischen Online-Handel einerseits und stationärem Handel andererseits im Hinblick auf die Geschäftsmodelle und die dadurch kalkulierbaren bzw. erzielbaren Preise unterschieden werden. Ein Ladengeschäft habe deutlich höhere Fixkosten, insbesondere für Ladenmiete, Personal und Energie. Aufgrund dessen müsse es einem Kunden zwangsläufig bewusst sein, dass es im stationären Handel regelmäßig einen nicht zu vernachlässigenden preislichen Aufschlag gebe. Der Internethandel stelle einen Sondermarkt dar, der mit dem allgemeinen regionalen Markt nicht vergleichbar sei. Die erbrachte Leistung der Beklagten sei nicht vergleichbar mit den Online-Angeboten. Das Rechtsgeschäft habe sich nicht in dem bloßen Verkauf der Perücke erschöpft. Vielmehr habe die Beklagte in erheblichem Umfang Beratungs- und Zusatzleistungen erbracht. Sie habe die Perücke individuell gekürzt, frisiert und auf die besonderen Wünsche der Klägerin hin gestylt.
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Letzte Änderung: 20.02.2020 © Manfred Schwuchow - Steuerberater 2020